Skoliose

Skoliose (idiopathische Skoliose): Fixierte Seitverbiegung der Wirbelsäule, meist kombiniert mit einer Verdrehung um die Längsachse. In knapp 90 % der Fälle ist die Ursache unbekannt (idiopathisch), 10 % sind Folgen von Lähmungen, Muskel- und Nervenerkrankungen, unterschiedlich langen Beinen und Unfällen. Skoliosen treten bei Mädchen viermal häufiger auf als bei Jungen. Die Therapieempfehlungen sind abhängig vom Ausmaß der Verbiegung und der Geschwindigkeit der Zunahme; sie reichen von bloßer Beobachtung über Korsettbehandlung bis zur Operation. Wenn die Verbiegung nach dem Wachstumsabschluss zum Stillstand kommt, ist der Langzeitverlauf meist sehr gut. Nimmt die Verbiegung weiter zu, entwickeln sich eventuell schwere Verformungen von Wirbelsäule und Brustkorb, im Extremfall mit Beeinträchtigung innerer Organe.

Leitbeschwerden

  • Anfangs oft keine Beschwerden, selten Rückenschmerzen
  • Veränderung der Körperformen wie Höherstehen einer Schulter, einseitiges Vorstehen des Beckens, selten sichtbare Rückenkrümmung; meist zufällig von Beobachtern bemerkt (z. B. beim Umziehen oder Duschen)
  • Einseitiges Vorspringen des Brustkorbs (Rippenbuckel) oder der Lendenmuskulatur (Lendenwulst) beim Vornüberbeugen

Wann zum Arzt

In den nächsten Wochen, wenn eine Veränderung der Körpersymmetrie auffällt.

Die Erkrankung

Skoliosen entstehen während des Wachstums. Es gibt angeborene und frühkindliche Formen, die meisten Fälle werden aber im Alter von 10–14 Jahren auffällig. Dass in bestimmten Familien Skoliosen gehäuft vorkommen, spricht für eine erbliche Komponente. Oft finden sich die Krümmungsscheitel bei verwandten Betroffenen an den gleichen Stellen der Wirbelsäule. Die Verbiegung und Verdrehung der Wirbelsäule entsteht durch Wachstumsstörungen einzelner Wirbelabschnitte. Während des Wachstums nimmt die Fehlstellung deshalb meist zu, später verlangsamt sich die Zunahme oder kommt sogar zum Stillstand. Beträgt allerdings der Verbiegungswinkel mehr als 40°, ist auch im höheren Lebensalter mit einem Fortschreiten der Skoliose zu rechnen, im Einzelfall bis zu 3° pro Jahr. In unbehandelten Fällen entwickeln sich dadurch im Erwachsenenalter manchmal schwere Verformungen von Wirbelsäule und Brustkorb, die zunehmend Nerven und Wirbelkanal einengen und in extremen Fällen sogar die Funktion von Herz und Lunge stören.

Während des Wachstums kommen Rückenschmerzen bei Skoliosepatienten nicht häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung. Die betroffenen Kinder leiden unter der veränderten Körpersymmetrie, die besonders in der sensiblen Phase der Pubertät als Entstellung wahrgenommen wird. Wenn zusätzlich eine Korsettbehandlung nötig ist, nimmt die psychische Belastung zu, weil das Korsett die Bewegungsfreiheit einschränkt und sich meist nicht durch Kleidung kaschieren lässt.

Das macht der Arzt

Im Gespräch fragt der Arzt nach Skoliosen in der Familie, bestimmten Entwicklungsschritten (erste Periode, Wachstum) und eventuellen Beschwerden. Danach untersucht er Nervensystem und Wirbelsäule. Korrigierbare Verbiegungen, z. B. durch eine unterschiedliche Beinlänge, werden nicht als Skoliose bezeichnet; sie sind meist harmlos und leicht durch eine orthopädische Schuhzurichtung korrigierbar.

Durch das Röntgen der Wirbelsäule lässt sich die Verbiegung genau messen (Verfahren nach Cobb). Neben diesem Messwert fließen in die Therapieentscheidung noch weitere Kriterien ein, insbesondere die Geschwindigkeit der Skoliosezunahme und das noch zu erwartende Wachstum. Für die Behandlung gelten folgende Richtlinien:

  • Bei Skoliosen mit einer Verbiegung von weniger als 20° genügen regelmäßige Kontrollen, konsequenter Sport und eine spezielle Rückengymnastik.
  • Skoliosen mit einer Verbiegung von mehr als 20° erfordern das Tragen eines Korsetts; zusätzlich verordnet der Arzt Krankengymnastik. Die Korsettbehandlung ist Erfolg versprechend, bedeutet aber für junge Menschen in der Pubertät eine starke psychische Belastung und körperliche Einschränkung. Die Jugendlichen benötigen deshalb eine einfühlsame Motivation durch Familie und Freunde, um die erforderliche Tragedauer von 16–23 Stunden pro Tag einzuhalten.
  • Bei Skoliosen mit einer Verbiegung von mehr als 45–50° empfiehlt sich eine operative Behandlung. Sie hat zum Ziel, die Wirbelsäule möglichst gerade aufzurichten und in einer günstigen Stellung mit Stäben zu versteifen. Die postoperative Rehabilitation nimmt etwa ein halbes Jahr in Anspruch.
  • Als Verlaufskontrolle dienen wiederholte Röntgenuntersuchungen während des Wachstums in Abständen von 8–12 Monaten, später in deutlich größeren Zeitintervallen.

Prognose

Die nicht-operative Behandlung verlangsamt oder verhindert ein Fortschreiten der Skoliose. Entscheidend für den Therapieerfolg sind ein frühzeitiger Beginn und eine konsequente Durchführung, weil bestehende Verbiegungen ohne Operation kaum mehr rückgängig zu machen sind. Je kleiner die Verbiegung zum Wachstumsabschluss ist, umso wahrscheinlicher kommt die Skoliose im Erwachsenenalter dauerhaft zum Stillstand. Menschen mit leichter Skoliose leiden genauso häufig an Rückenschmerzen wie normal gewachsene Menschen.

Große Verbiegungen schreiten meist auch nach Wachstumsabschluss weiter fort und erfordern deshalb eine rechtzeitige Operation. Eine dauerhaft verbesserte Stellung und Statik ist dann aber mit einer bleibend eingeschränkten Beweglichkeit der Wirbelsäule verbunden. Wird ein günstiger Operationszeitpunkt verpasst, führt die zunehmende Skoliose manchmal zu schweren Störungen der Herz- und Lungenfunktion.

Selbsthilfe und Vorsorge

Sport und körperliche Aktivität, wie sie generell zur Selbsthilfe und Vorsorge bei Rückenschmerzen dienen, stärken die Rückenmuskulatur. Die Asymmetrie der Skoliose erfordert oft zusätzlich krankengymnastische Spezialübungen, deren Erfolg von einer konsequenten Durchführung abhängt. Die Motivation durch die Eltern ist hierfür genauso wichtig wie das regelmäßige Tragen eines Korsetts. Familie und Freunde haben die Aufgabe, die unter den Einschränkungen leidenden Kinder und Jugendlichen zu ermutigen und in ihrem Selbstwertgefühl zu stärken.