Wechseljahresbeschwerden

Wechseljahresbeschwerden (Östrogenmangelsyndrom, klimakterisches Syndrom): Körperliche und psychische Beschwerden während der Wechseljahre (Klimakterium), die aber nur bei einem Drittel der Frauen behandlungsbedürftig sind. Die Wechseljahresbeschwerden können zwischen sechs Monaten und drei Jahren dauern, d. h. so lange, bis sich der Körper der betroffenen Frau an die neue Hormonlage gewöhnt hat. Die Behandlung der Beschwerden ist schwierig. Zur Linderung stehen die vorübergehende Gabe von Hormonpräparaten (Hormonersatztherapie) und verschiedene Methoden der Selbsthilfe und Naturheilkunde zur Verfügung.

Männer haben keine Wechseljahre – auch wenn das immer wieder behauptet wird –, weil der Rückgang der Geschlechtshormone sehr allmählich über 30 Jahre erfolgt, und auch die Zeugungsfähigkeit zumindest prinzipiell lebenslang besteht. Ein vorschnelles Nachlassen der Testosteronproduktion kommt aber vor.

Vorzeitige Wechseljahre (Climacterium praecox): Verlust der Eierstockfunktion und damit Beginn des Klimakteriums vor dem 40. Lebensjahr. Die Beschwerden und die Behandlungsmöglichkeiten sind die gleichen wie bei „regulären“ Wechseljahresbeschwerden.

Leitbeschwerden

Folgende Beschwerden können während der Wechseljahre auftreten, müssen aber nicht:

Prämenopause:

  • Zunehmend unregelmäßige und seltenere Menstruationen
  • Stärker oder schwächer werdende Blutungen
  • Schmierblutungen kurz vor der Monatsblutung

Wechseljahre bis Menopause:

  • Hitzewallungen, Schweißausbrüche
  • Schwindel und Herzrasen
  • Trockenheit und Jucken im Genitalbereich
  • Depressive Stimmungslage
  • Nachlassende Libido
  • Reizbarkeit, Nervosität, Schlaflosigkeit

Postmenopause:

  • Trockenheit im Genitalbereich und fehlendes Feuchtwerden trotz sexueller Erregung bleiben oft bestehen
  • Rücken- und Gelenkbeschwerden
  • Eventuell Haarwuchs im Gesicht („Damenbart“)

Wann zum Frauenarzt

In den nächsten Wochen, wenn die genannten Beschwerden

  • vor dem 40. Lebensjahr auftreten.
  • eine Belastung sind.

Die Erkrankung

Ab dem 45. Lebensjahr reifen in den Eierstöcken immer weniger Eibläschen, und häufig verlaufen die Menstruationszyklen ohne Eisprung (anovulatorische Zyklen). Wenn die Eisprünge ausbleiben, wird auch kein Gelbkörper gebildet; dadurch reduziert sich der Spiegel des Gelbkörperhormons (Progesteron). Da jedoch zu diesem Zeitpunkt noch ausreichend Östrogene gebildet werden, wächst trotzdem die Gebärmutterschleimhaut und Monatsblutungen finden statt. Durch das Ungleichgewicht von Östrogen und Progesteron wird die Schleimhaut zum Teil zu hoch aufgebaut; dies ist der Grund für die stärkeren Blutungen in dieser Phase.

In den folgenden Jahren vermindert sich auch die Östrogenproduktion. Die Folgen des Östrogenmangels sind vielfältig. Es kommt zu unregelmäßigeren Blutungen sowie plötzlich auftretenden Hitzewallungen und Schweißausbrüchen. Die Scheidenschleimhaut wird trockener und schmerzt unter Umständen beim Geschlechtsverkehr. Außerdem juckt sie häufiger und wird anfälliger für Entzündungen. Die verminderte Östrogenkonzentration bewirkt weiter, dass mehr Stresshormone produziert werden. Mögliche Folgen sind Herzrhythmusstörungen und Schwindel sowie vermehrte Nervosität.

Während die meisten Beschwerden nach einiger Zeit wieder verschwinden, beschleunigt das Ausbleiben der Geschlechtshormone die Arteriosklerose und den Abbau von Knochengewebe (Osteoporose). Dadurch kommt es im Alter leichter zu Knochenbrüchen, am häufigsten in den Wirbeln, gleichzeitig nimmt die Körpergröße ab und die normale Krümmung der Wirbelsäule ändert sich. In Extremfällen spricht man vom Witwenbuckel.

Das macht der Arzt

Durch die Untersuchung von Zellmaterial aus einem Scheidenabstrich erkennt der Arzt, ob bereits ein Östrogenmangel vorliegt. Messungen der Hormonkonzentrationen im Blut sind nicht unbedingt notwendig, wenn die Beschwerden im entsprechenden Alter auftreten. Treten außerhalb der Monatsblutung zusätzliche Blutungen auf, wird eine Gebärmutterspiegelung durchgeführt, um Tumoren in der Gebärmutter auszuschließen. Herzrhythmusstörungen sind immer auch vom Kardiologen oder Internisten fachärztlich abzuklären. Bei ausgeprägten psychischen Beschwerden wird der Arzt zu einer begleitenden psychotherapeutischen Untersuchung und Behandlung raten.

Der Streit um die Hormonersatztherapie

Die Therapie von Wechseljahresbeschwerden verfolgt zwei Ziele: Zum einen will sie akute Beschwerden lindern, zum anderen den langfristigen negativen Auswirkungen auf Knochen und Gefäße vorbeugen. Da die Symptome vorwiegend auf einen Hormonmangel zurückzuführen sind, war die Hormonersatztherapie (HET) jahrelang die quasinatürliche Antwort auf den Hormonentzug während der Wechseljahre. Durch die in der Fachwelt völlig unerwarteten Ergebnisse der Women’s Health Initiative Studie (2002) ist der Einsatz der Hormonersatztherapie inzwischen aber zurückgegangen. So wird die Hormonbehandlung oft nur noch bei Frauen mit Wechseljahresbeschwerden sowie bei Frauen, die vorzeitig in die Wechseljahre kommen, empfohlen – und auch hier nur für wenige Jahre. Ein weiteres Problem besteht in der Wahl der Präparate. Zur Behandlung der Symptome würde der Ersatz von Östrogenen reichen. Da allerdings unter reiner Östrogenbehandlung vermehrt Krebserkrankungen der Gebärmutterschleimhaut auftreten, werden Östrogene und Gestagene kombiniert. Mit einer Ausnahme: Bei Frauen, deren Gebärmutter entfernt wurde, ist eine alleinige Östrogenbehandlung möglich.

Als Darreichungsformen stehen Tabletten, Spritzen, Vaginalzäpfchen und Pflaster zur Verfügung. Frauen, die an Bluthochdruck, Gerinnungsstörungen, starkem Übergewicht, ausgeprägten Krampfadern oder Lebererkrankungen leiden, werden ebenso wie Raucherinnen nicht mit Hormonen behandelt. Hatte oder hat eine Frau bereits eine Krebserkrankung, die auf Hormone empfindlich reagiert hat, wie z. B. Brust- oder Gebärmutterkörperkrebs, dürfen auch ihre Wechseljahresbeschwerden nicht mit Hormonen behandelt werden.

Selbsthilfe

Versuchen Sie diesen Abschnitt Ihres Lebens möglichst positiv und aktiv zu gestalten. Lassen Sie es sich nicht nehmen, dieser wichtigen Lebensetappe Ihre eigene Prägung zu verleihen, die Sie mit Zufriedenheit erfüllt. Dazu gehört auch, die körperlichen Veränderungen anzunehmen und eventuellen Beschwerden möglichst keinen Krankheitswert zuzuweisen. Im Übrigen verlaufen die Wechseljahre bei jeder Frau anders und das Spektrum reicht von völliger Beschwerdefreiheit bis hin zu schweren körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass folgende Tipps vielen Frauen bei leichten bis mittelstarken Beschwerden helfen:

  • Leiden Sie unter Hitzewallungen, kleiden Sie sich nach dem Zwiebelschalenprinzip und tragen Sie Unterwäsche aus natürlichen Materialien (z. B. Baumwolle, Seide), die auch in feuchtem Zustand noch warm halten. Die Kleidung sollte bequem und eher weit geschnitten sein.
  • Setzen Sie Soja und andere Hülsenfrüchte (z. B. Erbsen, Bohnen), aber auch Haferflocken, Roggen und Weizen auf den Speiseplan, ihnen wird eine phytoöstrogene Wirkung zugeschrieben (Komplementärmedizin). Zudem gibt es Hinweise, dass durch den regelmäßigen Verzehr dieser Nahrungsmittel Hitzewallungen reduziert werden können.
  • Sportliche Aktivität mildert Hitzewallungen, lässt Sie besser schlafen, baut Stress ab, stärkt Herz und Kreislauf, beugt Übergewicht vor, baut überschüssige Pfunde ab und vermindert das Osteoporoserisiko. Am besten sind Ausdauersportarten (z. B. Walken, Radfahren, Joggen, Schwimmen). Aber oft ist schon viel gewonnen, wenn Sie im Alltag für mehr Bewegung sorgen, z. B. wenn möglich immer auf den Fahrstuhl verzichten, stattdessen die Treppe nehmen und/oder Besorgungen zu Fuß oder per Rad erledigen.
  • Zur Minderung des Osteoporoserisikos sollten Sie häufig calciumreiche Lebensmittel, d. h. Frischmilch, Käse und andere Milchprodukte zu sich nehmen.
  • Reduzieren Sie Ihren Nikotin-, Kaffee- und Alkoholkonsum oder hören Sie ganz damit auf – aber verbieten Sie sich nichts! In Maßen ist alles erlaubt.
  • Je nach Beschwerdebild helfen auch physikalische Maßnahmen, die Sie ohne großen Aufwand zu Hause durchführen können. Bewährt haben sich z. B. kühle Abwaschungen oder lauwarme Halbbäder als Mittel zur schnellen Selbsthilfe bei Hitzewallungen oder erhöhter Schweißneigung, morgendliche Wechselduschen und regelmäßige Bürstenmassagen auf feuchter Haut (z. B. während des Duschens) zur Anregung des Kreislaufs oder abendliche Wechselfußbäder bei Schlafstörungen. Moorsitzbäder verbessern die Durchblutung im Genitalbereich und lindern Juckreiz. Ebenso empfehlen sich regelmäßige Saunabesuche.
  • Siehe Selbsthilfe bei Scheidentrockenheit.

Komplementärmedizin

Die Pflanzenheilkunde bietet eine Reihe von Heilmitteln, deren therapeutischer Nutzen bei Wechseljahresbeschwerden inzwischen wissenschaftlich belegt ist. Dazu gehören Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa, z. B. Remifemin®) und Johanniskrautextrakt (Hypericum perforatum, z. B. Aristo®, Hyperforat®, Jarsin®), der insbesondere depressive Verstimmungen lindert. Mönchspfefferextrakt (Vitex agnus-castus, z. B. Agnolyt ®) eignet sich vor allem zur Linderung der Beschwerden am Anfang der Wechseljahre. Für eine optimale Wirkung wird die längerfristige Einnahme von standardisierten Fertigextrakten empfohlen.

Bislang nicht sicher wissenschaftlich belegt ist dagegen die Wirksamkeit von Nachtkerzenöl (Oenothera biennis) und Ginseng (Panax ginseng), denen ein lindernder Effekt bei Hitzewallungen zugeschrieben wird.

Phytoöstrogene gelten derzeit als„sanfte“ Alternative zur Hormonersatztherapie. Den höchsten Gehalt an Phytoöstrogenen haben Sojabohne und Rotklee (Trifolium pratense), gefolgt von Linsen und anderen Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Knoblauch und Spargel. Die Mehrzahl der standardisierten Phytoöstrogenpräparate enthalten Soja- und Rotklee-Isoflavone (z. B. Menoflavon®). Bislang konnten Experten aber keinen Nutzen von Soja nachweisen. Wenn die Präparate bei Wechseljahresbeschwerden helfen, liegt das meist am Placeboeffekt, also an den positiven Erwartungen der Frauen. Demnach profitieren Frauen nicht, wenn sie Sojahormone schlucken. Es schadet ihnen aber auch nicht – zumindest bei kurzfristiger Einnahme. Wenden Frauen jedoch die Präparate über einen langen Zeitraum an, schließen Ärzte Nebenwirkungen nicht aus. Daher sollten ohne Absprache mit dem Arzt keine Präparate eingenommen werden, die in großen Mengen Phytoöstrogene enthalten. Das Gleiche gilt für Leinsamen. Auch sie haben sich als unwirksam gegen Hitzewallungen erwiesen.

Seit kurzem steht mit einem Trockenextrakt aus den Wurzeln des Rhapontikrhabarbers (Rheum rhaponticum z. B. Phytoestrol® N), ein weiteres pflanzliches Mittel zur Verfügung, das die gleichen Hormonwirkungen wie künstlich hergestellte (synthetische) Östrogene haben soll. Abgesehen davon, dass seine Wirksamkeit derzeit noch nicht ausreichend belegt ist, sind Nebenwirkungen vergleichbar der konventionellen Hormonersatztherapie zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht auszuschließen und das Präparat kann deshalb (noch) nicht empfohlen werden.

Tees. Zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden haben sich verschiedene Teemischungen, z. B. Frauenmantel (Alchemilla vulgaris), Schafgarbe (Achillea millefolium) und Salbei (Salvia officinalis), sowie Tees zur gezielten Milderung von einzelnen Symptomen bewährt, z. B. mit Johanniskraut (Hypericum perforatorum) zur Stimmungsaufhellung, Hopfenblüten (Humulus lupulus), Baldrian (Valeriana officinalis) und Melisse (Melissa officinalis) gegen Schlafstörungen, Salbei (Salvia officinalis) bei vermehrter Schweißneigung und Weißdorn (Crataegus) bei nervös bedingten Herzbeschwerden.

Orthomolekularmedizin. Die Orthomolekularmedizin nennt Vitamin E zur Verringerung von Hitzewallungen, ein wissenschaftlicher Nachweis steht aber noch aus. Gesichert ist dagegen der vorbeugende Effekt einer regelmäßigen ausreichenden Calciumzufuhr (z. B. Calciumcarbonat) gegen Osteoporose.

Homöopathie. Die Homöopathie empfiehlt z. B. Pulsatilla, Sepia, Belladonna und Cimicifuga. Daneben bietet sie fertig zubereitete Komplexmittel (z. B. Cimicifuga Pentarkan®).

Entspannungsverfahren wie Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, Yoga und Autogenes Training sowie Massagen helfen – regelmäßig angewendet – Spannungen und nervöse Unruhezustände abzubauen, verbessern das Körpergefühl und fördern psychische Ausgeglichenheit. Darüber hinaus wirken sich Entspannungsübungen offenbar positiv auf Hitzewallungen aus. Bei Blasenschwäche und Inkontinenz hat sich regelmäßiges Beckenbodentraining bewährt.

Akupunktur und Elektroakupunktur. Die beiden Verfahren Akupunktur und Elektroakupunktur lindern Hitzewallungen und andere Wechseljahresbeschwerden; eine zumindest vorübergehende Verbesserung ist inzwischen wissenschaftlich nachgewiesen.