Verhütung bei Jugendlichen

Im Gegensatz zur volkstümlichen Meinung haben Jugendliche heute nicht früher Sex als die Generation ihrer Eltern.

Nicht wenige Jugendliche verhalten sich bewusst abstinent, weil sie der Verhütung entweder nicht komplett vertrauen oder weil sie die Einnahme etwa von Hormonpräparaten ablehnen. Viel häufiger ist jedoch der Gebrauch eines Kondoms (71 % der Mädchen und 66 % der Jungen nutzen es beim ersten Geschlechtsverkehr) und leider noch immer der ungeschützte Geschlechtsverkehr.

Für die Wahl des Verhütungsmittels ist im Jugendalter die Devise klar: so sicher und einfach wie möglich. Das aber erfüllen nur ganz wenige Verhütungsmittel:

  • Niedrig dosierte mehrstufige Einphasen-Präparate ("Pille"). Vorteile sind verminderte Regelbeschwerden, regelmäßigere Menstruation sowie oft eine Besserung einer Akne (bei starker Akne kann ein Präparat mit anti-androgener Wirkung gewählt werden). Wachstum und körperliche Reifung werden nicht beeinträchtigt. Die Nebenwirkungen entsprechen denen der erwachsenen Frau. Auch für Jugendliche gilt: Östrogenhaltige Präparate sind für schwere Raucherinnen nicht geeignet. Sind in der Familie Thrombosen bekannt, so muss der verordnende Arzt vorher den Gerinnungsstatus durch Labortests überprüfen. Bewertung: Bequemste und vor allem sicherste Form der Empfängnisverhütung – falls die regelmäßige gewissenhafte Einnahme gewährleistet ist.
  • Eine Alternative ist der Hormonring, ein kleiner Kunststoffring mit Östrogenen und Gestagenen, der während der Menstruation in die Scheide eingesetzt wird und dort drei Wochen liegen bleibt, danach folgt eine einwöchige Pause. Vorteil: der Ring kommt mit einem Viertel der Hormondosis der Pille aus. Nachteil: der Ring kann mit dem Tampon "herausflutschen", und beim Geschlechtsverkehr ist der Ring manchmal spürbar (er kann aber ohne Wirkverlust bis zu drei Stunden entfernt werden).
  • Kondome: Sie sind nicht nur wichtig zur Vorbeugung von Infektionen, sondern auch das einzige Verhütungsmittel, das bei spontanem Geschlechtsverkehr noch rasch besorgt werden kann. Wegen der nicht immer korrekten Anwendung liegt die Versagerquote des Kondoms bei Jugendlichen aber oft über 10 %.

Leider sind praktisch alle anderen Verhütungsmethoden bei Jugendlichen mit oft schweren Nachteilen verbunden:

  • Gestagenpräparate (z.B. Minipille): Nachteile sind der im Vergleich zur "Pille" weitaus strenger einzuhaltende Einnahmezeitpunkt, die insgesamt schlechtere Zuverlässigkeit und die schlechtere Zykluskontrolle. Auch sind die Nebenwirkungen stärker, so dass die Minipille nur bei Raucherinnen und jungen Frauen mit Blutgerinnungsproblemen in Betracht kommt.
  • Hormonpflaster (Evra®): Zwar verleihen tatooartige Pflasterdesigns eine attraktive, Jugendliche ansprechende Verpackung. Aber die Trägerinnen dieser Pflaster erhalten eine bis zu 60 % höhere Östrogendosis als bei der Einnahme einer "Pille", verbunden mit entsprechend höheren Nebenwirkungen.
  • Hormonspirale: Auch wenn inzwischen spezielle Modelle für Jugendliche existieren, besteht gerade bei ihnen die Gefahr von Eileiterentzündungen, verbunden mit späteren Eileiterschwangerschaften oder Unfruchtbarkeit, und die Spiralen werden auch häufiger ausgestoßen. Somit nicht geeignet für Jugendliche.
  • Depot-Progesteron und subdermale Hormonimplantate wie Implanon® sind wegen der deutlich höheren Hormonspiegel mit teils schweren Nebenwirkungen ungeeignet.
  • Barrieremethoden wie Scheidendiaphragma, Portiokappe oder Vaginalring sind bei Jugendlichen wegen der aufwändigen "Einsetzarbeit" keine Option.
  • Natürliche Verhütungsmethoden (ob auf Messen der Temperatur oder Testen des Gebärmutterhalsschleims basierend) sind für Jugendliche ungeeignet, da die hormonelle Steuerung des Zyklus noch instabil ist.
  • Auch Schaumzäpfchen sind bei Jugendlichen extrem unsicher und begünstigen außerdem Pilzinfektionen.

Egal, welches Verhütungsmittel gewählt wird – ein Kondom sollte immer zusätzlich verwendet werden, denn nur so lässt sich der Übertragung von Geschlechtskrankheiten vorbeugen.

Verordnung der "Pille" bei Jugendlichen

Es gibt keine medizinische Altersgrenze, unter der die Pille nicht verordnet werden darf. Einige Frauenärztinnen und -ärzte verlangen von Jugendlichen unter 16 Jahren eine Einwilligung der Eltern. Eine Zustimmung der Eltern ist laut Angaben der Fachgesellschaften dann erforderlich, wenn die Jugendliche nach Einschätzung des Arztes noch nicht "einwilligungsfähig" ist – häufig, aber rechtlich nicht zwingend, wird dafür der 14. Geburtstag angenommen.

Verhütung von Geschlechtskrankheiten

Auch für Jugendliche sind Kondome das einzig wirklich wirksame Mittel, sexuell übertragbaren Krankheiten vorzubeugen. Immerhin steht mit der Impfung gegen Humane Papillom Viren (HPV) heute ein zusätzlicher Schutz zur Vorbeugung gegen Gebärmutterhalskrebs zur Verfügung. Die Ständige Impfkommission empfiehlt diese Impfung als Regelimpfung für 12- bis 17-jährige Mädchen, bei ihnen übernimmt die Krankenkasse in jedem Fall die Kosten. Ob die Impfung auch älteren Frauen und Männern nutzt, wird derzeit untersucht.