Ulkuskrankheit

Ulkuskrankheit (peptisches Ulkus, gastroduodenale Ulkuskrankheit): Sammelbegriff für durch die Verdauungssäfte entstandenen, bis in die Ringmuskulatur reichenden entzündlichen Defekt (Geschwür) der Magenschleimhaut. Sie gehört zu den häufigsten Magen-Darm-Krankheiten; jeder Zehnte ist mindestens einmal im Leben betroffen. Je nachdem, welches Organ erkrankt ist, unterscheidet der Arzt Magengeschwür (Ulcus ventriculi) und Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus duodeni). Während vom Magengeschwür vorwiegend ältere Patienten betroffen sind, leiden unter dem häufigeren Zwölffingerdarmgeschwür vornehmlich jüngere Menschen. Beide sind heute mit Medikamenten gut zu behandeln; Rückfälle sind aber möglich. Lebensbedrohliche Komplikationen wie Magendurchbruch, akute Blutungen und das entzündliche Übergreifen auf Nachbarorgane entwickeln sich heutzutage nur noch, wenn die Ulkuskrankheit nicht behandelt wurde.

Abzugrenzen ist das Stressulkus, das bei Schwerkranken als Reaktion auf die psychische und physische Belastung durch die akute Grundkrankheit, z. B. bei intensivmedizinischer Behandlung, auftritt und fast immer ein einmaliges Ereignis bleibt.

Leitbeschwerden

  • Schmerzen im Oberbauch, beim Magengeschwür als Nüchternschmerz oder direkt nach dem Essen, beim Zwölffingerdarmgeschwür erst einige Stunden nach der Mahlzeit
  • Bei Magengeschwüren oft nächtliche Schmerzen
  • Übelkeit bis hin zum Erbrechen, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
  • Bei massiv blutenden Magengeschwüren Bluterbrechen, Teerstuhl und äußerst starke, bohrende Magenschmerzen, die oft linksbetont bis in Rücken und Schulter ziehen

Wann zum Arzt

In einer Woche, wenn

  • Schmerzen im Oberbauch immer wieder auftreten.
  • Selbstbehandlung und der Verzicht auf alkoholische Getränke, Zigaretten und Kaffee keine Besserung bringen.

Am selben Tag, wenn

  • die Schmerzen nicht nachlassen und bis in die linke Schulter und in den Rücken hinein ziehen.
  • schwarzer Stuhl (Teerstuhl) bemerkt oder frisches Blut erbrochen wird.

Die Erkrankung

Der Grundmechanismus der Entstehung von Magengeschwüren wurde bereits bei der Magenschleimhautentzündung erklärt, die die Vorstufe der Ulkuskrankheit ist.

Im Gegensatz zur Magenschleimhautentzündung ist bei der Ulkuskrankheit die Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori nicht nur ein Faktor von vielen. Bei 75 % der Magen- und bei 90 % der Zwölffingerdarmgeschwüre ist diese Infektion am Krankheitsbild beteiligt. Die übrigen Fälle sind meist Folge einer Therapie mit Kortison oder NSAR-Schmerzmitteln. Bei manchen Menschen scheint zudem eine erbliche Veranlagung zu bestehen. Anders als bei der Magenschleimhautentzündung reicht bei der Ulkuskrankheit die Schädigung bis tief in die Magen- oder Darmwand hinein.

Im Vordergrund stehen unspezifische brennende, bohrende Schmerzen im Oberbauch. Bei einem Drittel der Patienten bleiben die Geschwüre allerdings ohne Symptome. Sie bemerken die Erkrankung daher erst, wenn es zu Bluterbrechen oder Teerstuhl kommt.

Komplikationen. Wenn die Wunde größere Blutgefäße der Magendarmwand erfasst, kommt es zu akuten Blutungen; der Patient erbricht Blut (Hämatemesis) und hat durch das verdaute Blut dunkel gefärbten Stuhl. Durch den Kontakt mit der Salzsäure im Magen verfärbt sich das Blut dunkel oder sogar pechschwarz, so dass der Arzt auch von Kaffeesatzerbrechen und von Teerstuhl spricht.

Ein Magendurchbruch (Magenwanddurchbruch, Magenperforation) macht sich durch plötzlich eintretende bohrende Schmerzen bemerkbar, die oft in die linke Schulter strahlen. Gleichzeitig verkrampft sich die Bauchdecke und wird bretthart (akutes Abdomen). Ergießt sich nach einem Wanddurchbruch der Inhalt von Magen oder Zwölffingerdarm in die Bauchhöhle, kommt es zu einer lebensbedrohlichen Bauchfellentzündung. Manchmal lassen die Schmerzen für kurze Zeit wieder nach, um dann erneut aufzutreten (beschwerdefreies Intervall).

Geschwüre in der Nähe des Magenausgangs können nach ihrer Abheilung zu einer narbigen Verengung führen (Pylorusstenose). Die Nahrung gelangt dann nicht mehr leicht in den Darm und staut sich im Magen zurück. Dadurch kann es immer wieder zu Übelkeit und schwallartigem Erbrechen kommen.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Bei Ulkusverdacht entnimmt der Arzt bei der Magenspiegelung an mehreren Stellen im Magen Gewebeproben, um einen Befall mit Helicobacter-pylori-Bakterien nachzuweisen und Magenkrebs auszuschließen.

Therapie. Ulkuserkrankungen lassen sich heute fast immer rasch und erfolgreich mit Medikamenten behandeln. Die früher übliche Zweidrittelentfernung des Magens sowie die Durchtrennung von Strängen des Vagus-Nervs, der die Magensäureproduktion fördert, werden deshalb nicht mehr durchgeführt.

Bei Patienten, die mit schleimhautschädigenden Schmerz- oder Rheumamitteln behandelt werden, wird der Arzt versuchen, diese durch Alternativmedikamente zu ersetzen. Oft heilt die Krankheit dann von alleine aus. Wenn das Absetzen der Medikamente nicht möglich ist, wird die vorbeugende Einnahme von Protonenpumpenhemmern oder H2-Rezeptorenblockern verordnet.

Bei akuten Blutungen und anderen Komplikationen wird die Blutung endoskopisch gestillt. Dazu wird der Patient möglichst flach gelagert und zur Entlastung wird meist eine Magensonde gelegt. Ein Durchbruch des Ulkus in die Bauchhöhle muss sofort operiert werden. Je nachdem, wie schwer der Durchbruch ist, wird das Geschwür entfernt und übernäht; im Extremfall müssen Teile des Magens entfernt werden. Ebenso ist beim Einbrechen des Ulkus in benachbarte Organe sowie bei einer narbigen Magenpförtnerenge (Pylorusstenose) eine Operation nötig. Nicht durchgebrochene Geschwüre werden nur noch dann operiert, wenn die Krankheit nach drei bis vier Monaten nicht erfolgreich heilt.

Zur Vermeidung eines Rückfalls wird eine Zeit lang ein Protonenpumpenhemmer verordnet.

Selbsthilfe

Selbsthilfemaßnahmen sind durch die heutigen hochwirksamen Medikamente zwar nicht mehr erforderlich, um rasch beschwerdefrei zu werden; zur Rückfallverhütung sind sie jedoch nach wie vor unumgänglich.

Da die Selbsthilfe bei akuter Magenschleimhautentzündung und Ulkuskrankheit das gleiche Ziel verfolgt, wird sie an dieser Stelle zusammengefasst besprochen.

Auslöser meiden
Meiden Sie alle Auslöser nicht nur in der akuten Phase, sondern auch einige Zeit danach, z. B. Alkohol und Nikotin, aber auch zuckerhaltige Nahrungsmittel, Milch sowie diejenigen Gewürze, die wie Pfeffer, Meerrettich oder Senf, die Säurebildung anregen. Gleiches gilt für Medikamente, die nicht unbedingt eingenommen werden müssen, vor allem für Acetylsalicylsäure und andere NSAR-Schmerzmittel.

Diät
Viele Ratgeber empfehlen zur Beruhigung der entzündeten Magenschleimhaut eine Tee-Zwieback-Diät für 24–36 Stunden. Anschließend sollten Sie schrittweise zur gewohnten Ernährungsweise zurückkehren, in der Sie aber in den ersten zwei Tagen vornehmlich Kartoffeln und gegartes Gemüse und ab dem dritten Tag wieder (wenig) fettarmes Fleisch essen. Wissenschaftlichen Prüfungen haben diese Diätvorschläge allerdings nicht standhalten können. Betroffene verzichten von sich aus gerne auf fettes Fleisch, Kaffee, Weißwein und Alkoholika. Die meisten Ärzte raten deshalb: Achten Sie beim Essen auf das, was Sie vertragen. Verzichten Sie für eine Weile konsequent auf das, was Sie nicht vertragen.

Leichte Vollwertkost
Eine Ernährungsumstellung auf leichte Vollwertkost bzw. eine fett- und zuckerarme Ernährung kann den Verlauf einer chronischen Magenschleimhautentzündung positiv beeinflussen. Achten Sie zudem darauf, anstelle von drei üppigen Mahlzeiten mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt zu sich zu nehmen.

Wärmeanwendungen
Warme Leibwickel oder ein über Wasserdampf erhitztes Heublumensäckchen, das auf den Oberbauch gelegt wird, wirken beruhigend auf den Magen.

Komplementärmedizin

Pflanzenheilkunde
Begleitend oder im Anschluss an eine Helicobacter-Eradikationstherapie zur Vorbeugung eines Rückfalls kommen Teekuren mit Schleimstoffdrogen wie Leinsamen, Eibisch und Malve, die die Magenschleimhaut vor dem Säureüberschuss schützen, in Betracht. Ebenso haben sich Teezubereitungen mit Kamillenblüten oder Süßholzwurzel bewährt, die sich durch eine beruhigende und entzündungshemmende Wirkung auszeichnen. Alternativ stehen Fertigarzneien zur Verfügung, entweder als Einzelpräparate (z. B. Kamille Spitzner®-Lösung oder Gastronal®-Beutel mit Leinsamen) oder als Kombinationspräparate (z. B. Iberogast®-Tropfen auf der Basis von Kamillenblüten, Kümmelfrüchten, Angelikawurzel, Mariendistelfrüchte, Melissenblätter, Pfefferminzblätter, Schleifenblumenkraut, Schöllkraut und Süßholzwurzel).

Süßholzwurzelhaltige Tees oder Fertigarzneien sollten nicht länger als sechs Wochen eingesetzt werden, da sie den Kaliumspiegel im Blut erniedrigen können.

Manchmal wird eine Rollkur zur Beruhigung der Schleimhaut empfohlen. Sie wird eine Woche lang morgens und abends durchgeführt. Hierfür bereiten Sie eine Thermoskanne mit Kamillentee und legen sich dann ins Bett. Zuerst trinken Sie eine halbe Tasse Kamillentee und legen sich anschließend zehn Minuten lang auf den Rücken; danach trinken Sie wieder eine halbe Tasse Kamillentee und legen sich dann zehn Minuten lang auf die linke Seite. Diese Prozedur wird auf der rechten Seite und schließlich auf dem Bauch liegend wiederholt, so dass Sie nach 40 Minuten einmal um die eigene Achse „gerollt“ sind.

Entspannungsverfahren
Entspannungsübungen, z. B. Autogenes Training, können zur Vorbeugung von Magenbeschwerden beitragen, bei denen Stress die Ursache ist.

Akupunktur
Akupunktur unterstützt die medikamentöse Gastritis-Behandlung, wobei die Betroffenen vermutlich v. a.von ihrem unspezifischen Heileffekt profitieren.

Homöopathie
Gegebenenfalls kann eine individuell abgestimmte Konstitutionstherapie die Symptome lindern. Häufig eingesetzte Mittel der Homöopathie sind Acidum muriaticum, Acidum sulfuricum, Argentum metallicum, Belladonna, Ignatia, Nux Vomica oder Rumex.